Papas Linseneintopf

Mein Papa hat in unserem Leben eine große Lücke hinterlassen, die sich niemals schließen wird, niemals. Manchmal habe ich Momente, da kann ich es auf einmal wieder nicht fassen, was ihm und unserer Familie widerfahren ist. So ein Moment ist gerade, und das ist auch genau der richtige Moment, um meinem Papa hier zu gedenken. Ja, mit einem banalen Rezept. Warum nicht? Wir alle denken ständig an ihn, in jeder Situation, und vor allem in Situationen, die uns dann echt traurig machen. Aber wenn ich Linseneintopf esse, der nach seinem Rezept gekocht ist, dann muss ich mit einem Lächeln an ihn denken. Gut, gerade beim Schreiben jetzt, ist mir gar nicht nach lächeln zumute. Aber so ist es eben, das gehört dazu zum Vermissen und Trauern, wenn man den Menschen so geliebt hat, wie ich meinen Papa geliebt hab.

Zutaten:
1 Stk. Kasseler, 2 Knacker, Suppengrün, 1 Packung Tellerlinsen, Kartoffeln, 1 Zwiebel

Zubereitung:
Den Kasseler mit dem Suppengrün (gewaschen, ungeschnitten) und der Zwiebel (geschält, ungeschnitten) weich kochen. Alles aus der Brühe herausnehmen und die Linsen darin kochen bis sie weich sind. Nebenher ein paar geschälte Kartoffeln in Stückchen bissfest kochen. Die Linsen schon beim Kochen abschmecken mit Salz, Pfeffer, Essig und Zucker. Zum Schluss noch kurz die Knacker in Scheiben mitkochen lassen. Wenn die Linsen weich sind (bei mir sind sie bissfest, ich mag das so), werden das kleingeschnittene Kasselerfleisch sowie die Möhren vom Suppengrün in Scheibchen dazugegegben. Fertig. Mein Papa hatte das ganze noch ein bisschen angedickt mit einer sogenannten „Mehlanbrenne“. Das habe ich aber gelassen, weil es als klarer Eintopf auch lecker und dann nicht ganz so schwer und fettig ist.

So, das war eine typische Beschreibung nach Bellona-Art. Wir sind ja hier nicht bei Chefkoch.de. ;) Und mein Kind liebt dieses Gericht heiß und innig, letztens hat er richtig irre gelacht, als er das vorgesetzt bekam. :D Mein Papa würde vor Stolz platzen!

52 Gedanken zu „Papas Linseneintopf

  1. Das gibt ein Like – für deinen Papa und für seinen Linseneintopf.
    Das Vermissen wird nie aufhören, da hast du absolut Recht.
    Seit meine Mutti vor etwa zweieinhalb Jahren gestorben ist, fühle ich mich irgendwie verloren und nicht mehr komplett. Ich fühle mich, wie ein Waisenkind, das ich ja auch bin. :-(
    Deine Art zu trauern ist sehr schön. Du machst das Besteaus dem Verlust.

    • das wort „waisenkind“ ist mir bisher nicht in den sinn gekommen. aber es stimmt. ich fühle mich zwar nicth verloren, weil ein großer, starker anker meines lebens noch da ist (meine mutti, so sind halt viele muttis, nicht?!), aber ich bin wie gesagt so fassungslos manchmal. wie das leben spielt, wie scheiße das ist, wie lebhaft und beliebt und lebendig er war und wie leer unser leben doch ohne ihn. und dabei ist es nicht leer, wir haben den kleinen, wir haben uns, wir haben ein gutes leben, wir haben spaß. aber diese lücke, ey, die ist einfach so bitter.

      es tut mir leid, dass auch du so einen schweren verlust erlitten hast. so gut es auch ist, im leben ein inniges verhältnis zur familie zu haben, so schlimm ist es dann auch, wenn jemand geht. und trotzdem ist man um jede minute froh, die man im leben mit so jemandem hatte, nicht?

      wie alt war deine mutti, darf ich das fragen?

  2. Oh, wie lecker, das probier ich an Gedenken an deinen Papa aus. Und natürlich auch, weil solche Gerichte genau mein Ding sind. Aber ich finde es schön, dass du auch durch so alltägliche Dinge eine Verbindung zu deinem Papa hast.

  3. Meine Mutti war fast 73. Sie hatte seit etwa 15 Jahren Parkinsson, ist aber am Lungekrebs gestorben. Von dieser Diagnose bis zu ihrem Tod waren es nur noch etwa 10 Wochen.
    Was mir so unglaublich weh tut, das ist, dass meine Mutti nicht viele wirklich glückliche Jahre im Leben hatte, immer schwer gearbeitet hat, drei Kinder allein groß gezogen hat und dann noch etliche Jahre so krank sein mußte. Das Leben ist definitiv nicht gerecht. Aber wir müssen und wollen das beste daraus machen. Schon morgen kann es vorbei sein. Die Verlustangst ist meine größte Angst.

    • ich habe auch sehr starke verlustängste. schon immer und schon bevor ich so einen verlust erlitten hab. mein papa war erst 58, und er starb auch an krebs. aber 2 jahre nach der diagnose, was uns noch viele wirklich schöne momente beschert hat, trotz allem. er hat seinen enkel kennengelernt, und das war auch so wichtig für mich. wenngleich ich mir nicht vorstellen kann, was in ihm vorgegangen sein mag. wie muss es ihm gegangen sein mit der gewissheit, seinen enkel nicht aufwachsen sehen zu können? das zerreißt mir, ehrlich gesagt, fast das herz, wenn ich dran denke.

      mein großer retter ist ja mein mann. der hat so viel scheiße schon durch in seinem leben – mutter gestorben als er 16 war, vater gestorben als der 19 war, dazu ein schwersbehinderter bruder – und ist sowas von wohlgeraten, ruhig, behäbig, lebensbejahend. er hat gar keine verlustängste, und das ist das krasse, wie ich finde. er sagt, er weiß, wie schnell alles vorbei sein kann. und deshalb versaut er sich diese guten zeiten nicht mit gedanken an schlechte zeiten. mir helfen solche worte manchmal. und das komische ist tatsächlich, dass ich seit papas tod auch nicht mehr so krasse verlustängste habe, wie ich sie vorher hatte. vielleicht habe ich durch den kleinen einfach keine zeit für solche gedanken. vielleicht hat mich das leben aber auch gelehrt, dass es immer weitergeht. irgendwie. und dass es sich auch lohnt. hm.

      das leben ist nicht gerecht, das stimmt. es ist, meiner meinung nach, einfach ein großer zufall. man hat pech oder man hat glück. und wenn man sich die heutigen zeiten und die nachrichten und alles anschaut, dann weiß man auch, dass man eher einer der glücklicheren meschen auf dieser welt ist. auch solche gedanken helfen mir hier und da, wenn ich arg traurig bin. und trotzdem hat halt jeder sein eigenes päckchen zu tragen. auch deine mutti, die aber bestimmt glücklich darüber war, dass es dir gut geht. das ist sehr viel wert.

      • Dass du deinen Mann hast, der mir nach deiner Beschreibung sehr sympthisch ist, das freut mich für dich. Und natürlich euren Sohn und deine Mutti. ♥ Wir sollten jede Minute geniessen. Ich finde auch, dass wir auf der Sonnenseite des Lebens stehen, bei allem, was auf der Welt so los ist. Es gibt so viel so unglaubliches Elend und Leid, das können wir uns, glaube ich, gar nicht wirklich vorstellen.
        Was du darüber schreibst, was in deinem Papa vorgegangen sein mag, das berührt mich auch und macht mich auch etwas traurig. Mir zerreist es das Herz, wenn ich daran denke, was meine Schwester mit meiner Mutti gemacht hat. Über das körperliche Leiden musste meine Mutti auch noch am Herzen leiden. Wenn ich dran denke, dann muss ich weinen. Eine Tante von mir hat früher immer gesagt: „Unter jedem Dach ist ein Ach.“ Das stimmt zu 100 Prozent. Nirgends gibt es nur heile Welt und Friede, Freude, Eierkuchen. Aber der eigene Kummer ist einem natürlich am nächsten. Ich bin aber zum Glück so gestrickt, dass ich so gut wie immer in negativen Dingen noch irgend etwas positives finden kann. Und ich hoffe, dass ich auch in Zukunft meine Verlustangst im Griff habe. Bei aller Trauer ist es ja positiv, dass deine sich etwas gelegt hat. WIe geht es deiner Mutti denn heute? Die letzten Wochen und Monate im Leben deines Papas waren mit Krebs sicher auch sehr, sehr schwer. Für ihn und für euch.

        • was hat deine schwester mit deiner mutti gemacht?

          mutti geht es gut, sie ist eine kämpferin, eine sehr starke frau. aber sie erlaubt sich auch tränen, wenn ihr so ist, und das ist wichtig! wir sagen alle, dass MTE unsere rettung ist. für mutti ist das glaub ich ganz besonders so. die freue, die er uns bringt, wiegt wirklich einiges auf, auch wenn man durch ihn natürlich auch oftmals schmerzlich daran erinnert wird, dass papa das nicht mehr miterleben kann.

          die letzten monate von papa waren wirklich sehr schwer, aber auch hier ist meine mutti so stark wie immer gewesen. mein papa hat immer gesagt „wenn ich dich nicht hätte…“ und ich hab es auch immer gedacht.

  4. Da kommen mir die Tränen… und ich denk an Deinen Papa, den ich von Deinen Einträgen her irgendwie schon ein wenig glaube zu kennen, und auch an meinen Koch, passt ja auch zum Linseneintopf-Thema. ♥

  5. Oh – ein ganz ganz anderer Linseneintopf als ich ihn kenne. Ich muß zudem gestehen – ich mag Linsen nicht. Ich koche also niemals welche.
    Wobei – mein früherer Freund liebte Linsen – da stand ich am Herd, mit Todesverachtung, kochte Linsen und hielt beim Rühren die Nase zu, weil ich schon den Geruch nicht haben konnte. Muß ein Bild für die Götter gewesen sein ;)

      • Rote Linsen gehen und auch diese kleinen feinen gelben kann ich als Suppe essen (es gibt die in Ägypten und der Türkei manchmal).
        Ich kenn Linseneintopf hier so schwäbisch – dunkelbraun – manchmal auch mit Spätzle oder Essig (mit Essig ist es für mich das Schlimmste….. ich kann Essig über Pommes in England, ich kann Essig in jedem Salat – aber in Linsensuppe geht ja gar nicht….)

        • na meiner ist ja auch mit essig, aber eben süß-sauer, also auch mit zucker. es ist einfach geil. ;) schwäbische linsen kenne ich nur als linsen mit spätzle, also kein eintopf, sondern dicke linsen. das esse ich auch echt gerne, auch wenn es ein schräges gericht ist. und MTE fährt auch voll drauf ab. :) essig liebe ich, eben auch bei den schwäbischen linsen, aber auch in kartoffelsuppe, bohneneintopf usw.. hab ich von meiner mutti geerbt. ;)

  6. Ganz genau so kenne ich das Rezept auxh.
    Vielleicht mach ich es das morgen gleich mal.

    Bei uns ist das ähnlich- nur mit meinem Opa.Er war Bäcker und natürlich hat er zu jedem Treffen gebacken.Wenn ich seinen Apfelkuchen backe,dann bin ich auch durchaus emotional und jedes mal so stolz und happy,wenn es Allen schmeckt.Weil es sein Rezept ist.
    Fühl dich gedrückt.

    • ja, das habe ich mit omas rezepten auch. die hab ich mir alle selbst angeeignet, weil sie alzheimer hatte und wir zu spät auf die idee kamen, sie danach zu fragen. und es machtmich sehr stolz, wenn ich dann wieder was koche, was sie immer gemacht hat, und das dann so oder so ähnlich schmeckt. :) mein opa war übrigens kein bäcker, hat aber auch gerne gebacken. schon nicht so selbstverständlich für männer in dem alter. :)

      ich drück dich zurück!

  7. Ach, irgendwie find ich das richtig schön, dass MTE das Gericht so liebt! :) Ich hab noch nie Linseneintopf selber gemacht (ich hab nur mal rote Linsen mit Reis zusammen gekocht, aber ehrlich gesagt hat man die jetzt nicht so rausgeschmeckt ;) ) aber jedenfalls hab ich gestern an Linseneintopf gedacht. Keine Ahnung, wie ich drauf gekommen bin… Also werte ich das als Zeichen und werde ich das mal nachkochen und dabei an euch denken! Ich koch dann aber vielleicht die Kartoffeln im gleichen Topf mit, dann wird es vielleicht etwas sämiger, aber nicht so fettig wie mit einer Mehlschwitze (so heißt das bei uns ;) )

      • Achso, ich glaube das stört mich nicht. In der Erbsensuppe neulich hab ich die Kartoffeln auch gleich mitgekocht, allerdings tritt aus den Erbsen auch genügend Stärke aus, so dass die ganze Suppe dann dicker war. Ähnlich wie pürierte Kartoffelsuppe. Aber ich mag das so.

          • Aaaalso, neulich gabs Linsen :) Ich hab die Kartoffeln gleich im Topf mitgekocht, aber so dick wie die Erbsensuppe wurde die dann nicht. Und am ersten Tag war sie auch noch ziemlich klar, sah fast aus wie deine. Am nächsten Tag war sie dann etwas eingetrübt, aber die Linsen geben ja auch Stärke ab. Und der Rest am zweiten Tag hat noch viel besser geschmeckt! :)

              • Das war übrigens mein erster Linseneintopf überhaupt ;) Als Kind mochte ich das üüüüberhaupt nicht, daher bin ich nicht mit süß-sauer aufgewachsen. Der Namenlose kannte das allerdings auch so und hat sich auf dem Teller dann die entsprechende Mische gemacht. Ich habs lieber normal gegessen ;)

  8. Ist interessant, wie man an Rezepten bzw Futter haengt, nicht wahr? Mir geht das auch ganz oft so – bestimmte Sachen esse ich nur deshalb gern weil sie mich an etwas oder jemand erinnern (oder ebendeshalb ungern).

  9. Linseneintopf ist nach chili mein lieblings Essen… Schmeckt am zweiten Tag meistens immer besser ,]

      • Ich habe es von Opa gelernt… Im schnell Kochtopf mit Rauchenden und Speck…. Aber der Speck wird sehr klein gewürfelt… Scharf angebraten und so zu sagen als bratfett fürs Gemüse… Zwiebel Möhren und Kartoffeln Würfel und zum Speck geben… Linsen dazu mit Wasser auf Gießen… Rauchenden rein und Deckel zu… Der macht ja die restliche Arbeit xD

        Am Ende würzen… Habe bestimmt einen Blog Beitrag dazu muss mal gucken ,]

  10. Ich habe meine Eltern auch sehr jung verloren und fühle mit dir! Inzwischen jähren sich ihre Todestage im zweistelligen Bereich und ich kann sagen, dass es leichter wird damit umzugehen. Und, wie du auch von deinem Mann in den Kommentaren geschildert hast, es hilft einem, das Leben mehr zu achten. Man lebt bewusster, man versucht mehr aus dem Leben zu machen. Das hat natürlich auch Grenzen, die entdeckt man auch irgendwann, aber bis dahin hat man den ungemeinen Vorteil, wirklich jeden Tag zu schätzen und zu achten. Dankbar zu sein und etliche Zeit nicht einfach wegzuwerfen, sondern intensiv zu leben.

    Dein Vater scheint ein sehr netter, lebensbejahender Mensch gewesen zu sein. Er würde sich sicherlich darüber freuen, dass es euch gut geht und ihr so ein schönes gemeinsames Leben habt. Er würde auch wollen, dass ihr das Beste daraus macht.

    • ich weiß ja aus deinem blog, dass das verhältnis zu deinen eltern eher nicht so gut war. ich erinnere mich da an einiges, was mich erschreckt hat, wir hatten darüber auch schon „gesprochen“ (also kommentiert). ich hoffe, die frage ist erlaubt, mich interessiert es einfach sehr: haut einen der tod der eltern denn auch so um, wenn man keine gute beziehung zu ihnen hat? oder hatte sich eure beziehung nach der jugendzeit gewandelt?

      manchmal haben meine mutti und ich das gefühl, dass diese enge verbundenheit nicht nur segen, sondern auch fluch ist. weil man so sehr leidet.

      • Also mit meiner Mutter war ich trotz allem äußerst intensiv verbunden. Nun war sie auch der erste Tod, den ich erlebte und ich war noch sehr jung, von daher glaube ich, dass das kein guter Vergleich ist. Wobei ich schon den Eindruck habe, dass ich diesen Tod sehr gut weggesteckt hatte. Viel härter traf mich der Tod meiner Oma. Der war ich nicht so intensiv verbunden, aber die war mir in meinem Leben mehr Stütze, als ich überhaupt wahrgenommen hatte. Der Tod meines Vaters berührte mich kaum. Im Gegenteil (und das ist sicherlich ein Schock, aber die Wahrheit), ich war erleichtert, denn er hatte mir das Leben oft echt zur Hölle gemacht und mir sehr, sehr viele Steine in den Weg gelegt.

        Von daher kann ich nur sagen, egal was man vorher denkt, man weiß überhaupt nicht, wie der Tod eines verbundenen Menschen einen trifft. Bei meiner Mutter ahnte ich aufgrund der Verbundenheit z. B., dass es für sie besser war zu gehen. Also kann da die Verbundenheit auch helfen.

        • ja, das stimmt, man weiß nie wie man letztlich verkraftet. wir wurden von uns selbst in gewisser weise auch überrascht, denn manche dinge gingen souveräner „von der hand“ als erwartet. klingt komisch, aber du weißt sicher wie ich das meine.

          • Ja, ich denke, ich weiß, was du meinst. Man mobilisiert Kräfte, man rückt zusammen, man ist denen, die bleiben, plötzlich näher usw.

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