New York City, kurz vor dem Ausnahmezustand

Wir können es ganz oft gar nicht glauben, Mutti und ich. Vor nunmehr 5 Wochen waren wir noch in einer pulsierenden, atemberaubenden Stadt. Die Gedanken an Corona kamen und gingen wieder. Im Flugzeug (Singapore Airlines) trugen ein paar Flugbegleiterinnen einen Mundschutz, hinzu weniger als rückzu. Aber okay. In New York selbst sahen wir so gut wie niemanden mit einem Mundschutz. Das einzige, was uns an Corona denken ließ, war die Berichterstattung aus Italien – die wir aber nicht sonderlich intensiv verfolgten. Wir hatten Urlaub, wir zwei allein. Und es war gut so (ich wünschte, ich könnte jetzt auch mehr ausblenden und mehr im Hier und Jetzt leben – aber ich bin halt nicht mehr im Urlaub).

Meine Mutti und ich hatten diese Reise schon lange vorher gebucht. Der Februar war keine zufällige Wahl, denn der 60. Geburtstag meiner Mutti fiel in diese Zeit und war der Grund für dieses Abenteuer. Aufregung machte sich im Vorfeld schon etwas breit bei uns beiden. Meine Mutti spricht kein Wort Englisch und ich sollte die volle Verantwortung für die Auswahl des Hotels und obendrein als City-Guide haben, weil ich ja schon einmal dort war vor 6 Jahren. Zudem mussten mein Mann und mein Kind eine Woche ohne mich UND ohne Oma zubringen. Irgendwie bereitete mir das alles Sorgen – allerdings völlig unbegründet. Zu Hause klappte es hervorragend und mit mir und Mutti in New York ebenfalls.

Die meiste Zeit waren wir völlig entspannt, die meisten Tage gestalteten wir recht spontan und aus dem Bauch heraus und wir haben uns wirklich sehr oft gesagt: „Alles richtig gemacht!“ Und obwohl MTM und ich vor 6 Jahren schon gefühlt „alles“ gesehen hatten, so entdeckte ich jeden Tag mit Mutti neue tolle Dinge, die ich eben doch verpasst hatte. Und gleichzeitig erlebte ich mit ihr viele Dinge noch einmal, konnte in Erinnerungen schwelgen, ihr Orte und Lokale zeigen, die ich seinerzeit mit MTM entdeckte… Hach, es war einfach herrlich, wirklich herrlich.

Ich fand es toll, mal stundenlang durch Harlem zu laufen, das ist wie eine völlig andere Welt abseits der ganzen Wolkenkratzer, und doch so nah. Das hatten MTM und ich damals gar nicht in Erwägung gezogen. Außerdem empfand ich Chinatown wieder einmal als genauso schräg und befremdlich, aber gegessen habe ich dort trotzdem was (und Mutti ebenfalls dazu genötigt). Außerdem war das Shoppen für mich eine ungefähr 30-kg-weniger-größere Freude als damals. Ich habe zugeschlagen und es fühlte sich unglaublich an. Festgestellt habe ich außerdem (erneut) für mich, dass meine liebste Gegend in Manhattan Little Italy ist. Dort hätte ich ewig verweilen können…

Muttis Geburtstag begingen wir erstmals um 18 Uhr New Yorker Zeit (also 0 Uhr in Deutschland) in Chelsea mit einem verbotenen Piccolo in der Öffentlichkeit. Und zur Feier dieses viertel Tages schauten wir uns den ganzen Glanz dieser Stadt von oben an.

Ihren „richtigen“ Geburtstag nach New Yorker Zeit feierten wir am nächsten Tag dann ausgiebig: Frühstück im Bett, Fähre fahren mit Blick auf die Freiheitsstatue, ein schweineteures aber absolut pornöses Eis in SoHo, bisschen flanieren in Greenwich Village, hübsch machen, Burger essen am Times Square und dann mein Geburtstagsgeschenk einlösen: Das Phantom der Oper am Broadway. Ich hasse übrigens Musicals, außer offenbar dieses, denn ich habe zwei Mal geweint (vor Rührung) und fand es wunderschön. Dass wir mit Trinkgeld 60 Dollar für zwei Wein im Theater gezahlt haben, ist eine Anekdote fürs Leben. Wir konnten vor Ort Gott sei Dank schon drüber lachen, und tun es eigentlich immer noch. Dieser besondere Geburtstag hat einfach alles gerechtfertigt, und das war gut so.

Einer der sieben Tage war noch für einen Trip nach Washington reserviert. Ich würde das so nicht mehr machen, muss ich gestehen, aber wir hatten Glück. Denn das Wetter hatte es fast durchgehend gut mit uns gemeint, wir hatten Sonne ohne Ende, außer an diesem Tag. Ich hätte mich geärgert, wenn ich einen Sonnentag insgesamt 9 Stunden in einem Bus verbracht hätte (wir fuhren morgens um 7 los und waren abends halb 10 wieder in Manhattan). Aber okay, nun haben wir auch Washington und all seine Hot Spots mal gesehen, kann man mal machen, muss man aber nicht noch mal haben.

In unserer ganzen Woche in New York City sind wir so unglaublich viel gelaufen, das reicht für’s ganze Jahr. Da konnte man sich auch das ganze geile Essen ins Gesicht hauen ohne Probleme, und das haben wir auch getan. Mein All-time-favourite ist, wie schon vor 6 Jahren, die New Yorker Pizza. Dort ist für mich der Pizzahimmel, sorry, aber nicht in Italien. Und übrigens, jetzt wo ich den Eintrag fertig habe: Ich muss da wieder hin. Nach Corona ist vor New York City. Sechs Jahre will ich nicht wieder warten.

29 Gedanken zu „New York City, kurz vor dem Ausnahmezustand

  1. Man kann es kaum fassen, wie schnell die Dinge völlig anders sein können…. deswegen muss man Gelegenheiten beim Schopf packen und darf nicht zuviel auf später verschieben.

  2. Wirklich unfassbar, dass das erst so kurz her ist! Was für aufregende, volle und tolle Tage!
    Wahnsinnsbilder übrigens bei Dunkelheit! Hammer, wie man jeden einzelnen Lichtpunkt so klar sehen kann! Womit hast du die fotografiert?

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